Bye bye und auf Wiedersehen
Erftstadts Jugendamts-Chef geht in den Ruhestand, die Rhein-Erft Rundschau titelt hierzu "Im Herzen blieb er immer Wolle". Es folgt ein Rückblick auf sein Berufs- und Karriereleben. Den Worten des Redakteurs Ingo Schmitz über die Anerkennung von Wolfgang Brost quer durch alle Parteien ist dabei nur wenig hinzuzufügen, sein Bericht ist gut und anständig. Einer Verabschiedung würdig und angebracht. Mehr kann und sollte eine Zeitung meines Erachtens zu diesem Anlass auch nicht berichten. Gut so!
Allerdings fehlt aus meiner Sicht dennoch etwas essentielles, wohl gemerkt aus meiner, subjektiven Sicht. Deswegen essentiell, weil gerade zwischen Brost und mir die Chemie am Ende etwas gestört war. Und wenn ich schon einen politischen Blog schreibe, dann kann ich nicht umhin auch dieses Thema aufzugreifen. Letztlich haben auch meine Blog-Follower einen Anspruch darauf, mich beim Wort zu nehmen: ich habe angekündigt auch stets kritisch zu berichten, frei meine Meinung zu äußern und nicht hinter dem Berg zu halten. Dazu stehe ich, auch heute, auch in Bezug auf Wolfgang Brost. Der Erwartung einer Äußerung von mir zu seinem Abschied will ich gerecht werden, mich nicht drücken. Auch wenn Beifall klatschen oder zumindest schweigen einfacher wäre. Wenn man wen kritisert, dann muss man auch den Mumm haben dazu zu stehen. Ich würde Verwunderung hervor rufen, wenn ich das Lob nicht kommentiere würde.
Wolfgang Brost hatte nicht nur anerkennende Zustimmung, diesen Eindruck könnte der Bericht erwecken. Es gab auch Kritiker seiner Arbeit, zumindest nahmen diese in den letzten Jahren stetig zu. Auch ich gehörte mit zunehmender Zeit immer mehr dazu, das räume ich ein. Auch, wenn das viele nicht gerne gesehen haben und auch den heutigen Blog-Beitrag vielleicht nicht in die Rubrik "gefällt mir" einordnen.
Einer Redensart nach, wird auf kaum einer Veranstaltung so viel gelogen, wie bei einer Verabschiedung. Es gehört sich grundsätzlich auch nicht, den "Gehenden" noch "abzuwatschen". Um es auch sehr deutlich und klar zu sagen, niemandem lügt und ich will auch niemanden abwatschen. Das Wissen von Wolfgang Brost ist zweifelsohne fundiert, Brost hat auch einige Projekte sehr erfolgreich initiiert. Dies erkenne ich an und möchte dies auch gerne loben. Und selbstverständlich wünsche ich ihm für seinen Ruhestand und die Zukunft alles Gute.
Dennoch kann ich leider in diesem Falle nicht in den allseits scheinbar uneingeschränkten (!), großen Lobgesang auf den Amtsleiter einstimmen, denn manches was zum Abschied bisher nicht gesagt wird ist eben auch Teil der Ära Brost. Das, was Brost für sich reklamierte, kritisch nachzufragen, stieß bei ihm meiner Wahrnehmung nach selber bisweilen auf wenig Gegenliebe. Mit vielen Worten und stets einer Menge Zahlen wurden zumindest meine Fragen stets so beantwortet, dass man das Gefühl vermittelt bekam, man sei doof, wenn man so etwas frage. Doof, wenn man seine Ausführungen nicht verstehe. Letztlich schien nur seine Sicht der Dinge, seine Darstellung in den Sitzungsunterlagen die richtige Sicht zu sein. Nicht vergessen habe ich die einzelnen Vorwürfe von Parteifreunden, dass ich manches nicht hinterfragen solle, er sei doch "einer von uns, ein Sozialdemokrat." Gerade aus einer bestimmten Ecke der SPD heraus kamen diese Stimmen. Gerade von denen, die nach Außen selber den Eindruck erwecken wollen, kritische Fragen seien gern gesehen. Der Menschenschlag bei denen eigener Anspruch und Realität bisweilen weit auseinander zu klaffen scheinen.
Da Brost "unser Mann" sei, sei es schädlich manches in Frage zu stellen. Ich habe mich daran nicht gestört, manches Male kritsch hinterfragt. auch wenn dies für manche Genossinnen und Genossen einer Art Majestätsbeleidigung gleichkam. Ich habe dies auch als Pflicht in meiner Funktion als Ratsmitglied angesehen. Ist es nicht egal, in welcher Partei jemand ist, wenn es um Sachfragen geht? Mein Eindruck ist, dass viele derer, die ihn heute für seine ausgezeichnete Kompetenz loben, selber zu mancher Zeit zu wenig hinterfragt haben und stattdessen seine Worte als ultimative, unfehlbare Weisheit auch für sich übernommen haben. Ein einfacher Weg. Wenn man die Stadt ingesamt als Ratspolitiker managen will, ein wie ich finde zu eingeschränkter Blickwinkel. Zunehmend übrigens in Zeiten knapper Kassen und eines unausgewogenen GFG (Gemeindefinanzierungsgesetzes) durch das Land. Es wird für die Kommune gefährlich sein, zukünftig fast nur noch auf Kindergärten zu blicken, wie es Brost tat. Andere Lebensbereiche sind ebenfalls wichtig und bedürfen verschiedener Perspektiven.
Die majestätische Krone bekam in den letzten Jahren seiner Arbeit durchaus Kratzer und Schrammen. Da wurden zu Gunsten der Unter-Dreijährigen-Versorgung Kita-Plätze bei den Über-Dreijährigen geopfert. Durch immer neue Zahlenspiele wurde der Bedarf an Kita-Plätzen in den einzelnen Stadtteilen regelmäßig anders dargestellt. Überraschend oder nicht, am Ende stand oft in den Vorlagen an die politischen Gremien der Wunsch nach Baumaßnahmen an / in den Kitas. Eine Last, die die Stadt in Anbetracht des demografischen Wandels und der großen Finanznot zunehmend in Bedrängnis gebracht hat. Alle Fraktionen im Rat sorgten letztlich gemeinsam für einen Prozess des Umdenkens. Auch dies ist Teil der Wahrheit, wenn es um die Bewertung der Arbeit, der politischen Vorlagen, von "Wolle" quer über alle Fraktionen geht. Auch in anderen Bereichen machte Brost in den letzten Jahren nicht immer die glücklichste Figur, Ich will die Themen nicht noch einmal alle neu aufrollen, daher nur ein paar Stichworte: Streit in der Kita unter den Erzieherinnen, Baumaßnahme Kita Köttingen, Gebäude Reiherweg, Waldorf-Kindergarten, Familienzentrum Willy-Brandt-Straße;
Ja, Brost hat Karriere gemacht. Ja, Brost hat manches auf den Weg gebracht, vor allem in den ersten Jahren seiner Tätigkeit. Dafür gebührt ihm der Respekt und auch meine Anerkennung, aber es gilt aus meiner Sicht auch festzustellen, dass er im Laufe der letzten Jahre zunhemend vor allem eines wurde: eitel und von sich selber stets mehr überzeugt als von allen anderen. Auch hieraus resultierte wohl Anfang 2013 seine Überlegung als Bürgermeister in Erftstadt zu kandidieren. Übrigens ohne hierüber mit den Gremien seiner Partei zu sprechen. Am Ende machte er dann einen Rückzieher, womöglich auch weil ihn aus den eigenen Reihen niemand rief. Das Gelächter über seine Bürgermeister-Ambitionen in Erftstadt kurz vor dem Ruhestand soll auch heute noch in Teilen des Rathauses nicht verklungen sein. Dieser Wunsch nach einer Kandidatur, gepaart mit der Tatsache, dass über eine ähnlich überraschende Weise ein Lechenicher Genosse als Bürgermestandidat ins Gespräch gebracht wurde, nutzte Brost lediglich in der Form, mir persönlich als damaligen Parteivorsitzendem während dieser Situation eine schlechte Performance zu attestieren.
Wenn es eine schlechte Performance von mir war, nicht Wolfgang Brost als Kandidat der Erftstädter Sozialdemokraten ins Gespräch zu bringen, dann muss der Begriff "schlecht" neu erfunden werden. Ich bin überzeugt, es war richtig. Auch das Verfahren erst die Gremien tagen und beraten zu lassen, ehe man jemanden für eine Kandidatur ins Gespräch bringt. Übrigens rief auch keiner seiner vermeintlichen Unterstützer nach ihm als Kandidat. Auch eine schlechte Performance? Ich denke nicht, es spricht wohl eher für sich. Vielleicht war die Meinung und Überzeugung dann tatsächlich doch nicht so groß, wie man sie dargestellt hat. Was allerdings im Zusammenhang mit der Bürgermeisterwahl in Erftstadt schlecht war, hat weniger etwas mit Wolle Brost und mir zu tun. Aber das ist ein anderes Thema… Wolfgang Brost, trotz einiger Differenzen und unterschiedlichen Sichtweisen, gilt ein Dank für die positiven Leistungen.
In diesem Sinne
Grüße,
Uwe Wegner
(Uwinho)